Meetings können für viele Menschen anstrengend sein – für Hochsensible aber oft besonders herausfordernd. Geräusche, viele Stimmen, schnelle Themenwechsel oder grelles Licht führen schnell zu Reizüberflutung. Ich kenne das selbst gut. Als erhöht Sensitive Mitarbeiterin habe ich lange gebraucht, um meinen Umgang mit beruflichen Besprechungen zu finden. In diesem Artikel teile ich konkrete Strategien, wie du als hochsensible Person Meetings besser meistern kannst ganz ohne dich zu verbiegen. Manche sprechen auch von Neurosensitivität – gemeint ist damit die angeborene erhöhte Wahrnehmungsfähigkeit, die oft als Hochsensibilität bekannt ist.
Hochsensibilität in der Kommunikation
Hochsensitive Menschen
- tendieren zu tiefgehender Reflexion und Ehrlichkeit, was in bestimmten Umfeldern zu Konflikten führen kann (Aron, 2010).
- haben oft ein starkes Bedürfnis nach Authentizität und Stimmigkeit
- haben eine hohe Werteorientierung und reflektieren intensiv über Sachverhalte.
- tendieren dazu, unausgesprochene Dynamiken oder Missstände direkt anzusprechen
- setzen andere Wahrnehmungsfilter ein, nehmen feine Nuancen oder energetische Dynamiken stark wahr
- haben eine andere Art der Informationsverarbeitung
Meetings können sich für sie schweisstreibend und demotivierend anfühlen. Die Technik der Meetings lässt sich optimieren, Energie in den Ablauf bringen und für neurosensitiven Mitarbeitende mehr Orientierung geben.
Kopfstand, Plank und im Stehen
Die verrückteste Techniken, die unsinnige Meetings zu optimieren überfluten schon die Medien. Stell dir vor, dein nächstes Meeting findet im Kopfstand statt. Oder schlimmer noch: im Plank, solange bis alle To-dos geklärt sind…
Absurd? Ja. Aber so fühlen sich Meetings für viele neurosensitive Menschen an, wenn sie in Stärke- und Statusmessung in Redezeitlängen ausufern: schweisstreibend, erschöpfend, manchmal schmerzhaft – nur leider ohne Trainingseffekt.
Warum Meetings für Hochsensible oft zur Qual werden
Frag dich: Wie oft bist du aus einem Meeting gegangen und hast gedacht: „Und was genau soll ich jetzt tun?“
Dieses Gefühl kennt jede:r – doch für Hochsensible ist es mehr als nur lästig.
Während andere sich auf Inhalte konzentrieren, laufen bei ihnen mehrere Kanäle gleichzeitig: sie hören Worte, spüren Spannungen, lesen Körpersprache, nehmen Zwischentöne wahr. Das ist eine Stärke, wenn die Struktur stimmt und sie können sich auf diese Angaben stützen. Fehlt sie, ist es wie mit einem hochauflösenden Objektiv im Nebel: alles da, aber nichts nutzbar.
Forschung zur Reizverarbeitung zeigt: HSP und erhöht neurosensitive Mitarbeiternde brauchen länger, um Eindrücke zu sortieren. In einem typischen Meeting – laut, diffus, voller Unterbrechungen – entsteht so schneller Überlastung. Das Ergebnis: Erschöpfung statt Inspiration.
Meetings als Energie-Fresser
Es ist kein Geheimnis: Studien belegen, dass bis zur Hälfte aller Meetings als ineffizient empfunden werden. Milliardenverluste für Unternehmen und ein täglicher Energie-Leck für Mitarbeitende.
Die klassischen Schwachstellen:
• Zu lange Sitzungen –> Konzentration bricht nach 30–40 Minuten ein.
• Unklare Agenda –> die Diskussion mäandert, Ergebnisse verschwimmen.
• Dominanz einzelner –> wertvolle Stimmen bleiben ungehört.
• Fehlende Verbindlichkeit –> alle gehen raus, niemand weiss, wer was macht.
Für erhöht neurosensitive Personen wiegt das doppelt schwer: Sie nehmen mehr wahr und zahlen damit mehr.
Besprechungsvorbereitung als stiller Kraftverstärker
Neurosensitive Menschen verlieren im Meeting nicht erst dann Energie, wenn jemand schreit oder eine Folie flimmert – sondern schon dann, wenn sie unklar hineingehen.
Vorbereitung ist deshalb kein „nice to have“, sondern ein Schutzschild.
Ein einfaches Vorprotokoll kann Wunder wirken: drei Zeilen, in denen du festhältst, worum es geht, was dein Ziel ist und welchen Beitrag du leisten willst. Diese kleine Geste bringt Struktur ins eigene Denken – und spart im Meeting viele Schleifen.
Auch Unterlagen dabei zu haben klingt banal, ist aber ein Zeichen von Respekt: Wer vorbereitet erscheint, schont nicht nur die eigene Energie, sondern die der gesamten Gruppe.
Etwas direkt besprechen oder ins Meeting?
Laut Studien ist rund die Hälfte aller Meetings überflüssig, oft fehlt eine klare Agenda, die Teilnehmer erscheinen unvorbereitet oder beschäftigen sich lieber mit ihren anderen Themen. Deswegen empfiehlt sich zu überlegen, wann eine Meeting begründet ist.
Ein Klassiker: Detailfragen, die in einer 5-Minuten-Abstimmung zwischen zwei Menschen erledigt wären, werden in der grossen Runde ausgewalzt.
Für HSP bedeutet das: Sie hören mit, denken mit, fühlen mit – auch wenn es sie gar nicht betrifft.
Die Faustregel ist einfach:
• Alles, was zwei Personen direkt klären können, gehört nicht ins Meeting.
• Alles, was das gesamte Team betrifft oder Entscheidungen erfordert, schon.
So banal das klingt – genau hier versickern oft Stunden.
Hier findest du mehr zu den 12 Arten von Meetings.
Zwischen Struktur und Offenheit
Neurosensitivität zeigt sich nicht bei allen gleich. Manche brauchen die Sicherheit einer klaren Agenda, definierte Rollen und ein festes Ziel. Für sie wird jedes Meeting ohne roten Faden zum Stress-Test.
Andere aber arbeiten gerade in der Schwebe gut: wenn Themen erst im Entstehen sind, wenn Ideen durch den Raum fliegen, wenn ein offenes Feld da ist, in dem noch nichts finalisiert wird. Für sie wird zu viel Struktur schnell ein Käfig.
Ein Beispiel: In einem Projekt ist die Zielsetzung und die groben Anforderungen bereits klar – doch der vollständige Anforderungskatalog existiert noch nicht. Der Weg, welche Bereiche genau betroffen sind und wie die Anforderungen umgesetzt werden, ist noch offen.
In dieser Phase braucht es keine minutiöse Checkliste, sondern ein klares Verfahren, um gemeinsam zu entwickeln, zu hinterfragen und zu ergänzen.
Die Kunst liegt darin, beides zu ermöglichen:
• Struktur dort, wo Entscheidungen und Verbindlichkeit gefragt sind.
• Offenheit dort, wo Anforderungen, Ideen und Zusammenhänge noch erarbeitet werden müssen.
Meetings, die diese Spannung aushalten, also bewusst Räume für Kreativität und Räume für Klarheit schaffen, nutzen die volle Bandbreite neurosensitiver Stärken. Lese hier mehr über den positiven Einsatz von Neurosensitivität : So nutzt du deine Sensibilität als Stärke bei der Teamführung.

Bori Tarpay verbindet Ingenieurgeist mit Empathie – für mehr Selbstführung.
Als Mentorin für sensible Köpfe in Technik & Design hilft sie vielwahrnehmenden Professionals dabei, ihre innere Stabilität aufzubauen und ihr Potenzial klar zu entfalten – damit sie nicht nur sich selbst, sondern auch Projekte, Teams und Organisationen resilient führen können.
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Wie erlebst du Meetings als Hochsensible/r?


